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 Vom Urlaubs- in den Albtraum

Ich war bester Laune. Es war Sommer und die Sonne gab alles. Die Prüfungen des sechsten Semesters waren mehr oder weniger erfolgreich überstanden und vor mir lag ein vierwöchiger Ungarn-Urlaub mit meiner Cousine Katja. Ich befand mich auf dem Weg in die Stadtverwaltung Halle, um das Reisevisum abzuholen und das Leben war schön. Den Gedanken, dass ich das Visum vielleicht etwas kurzfristig beantragt hatte, verdrängte ich. Außerdem war so ein Behördengang in der damaligen DDR nie eine angenehme Sache, denn häufig wurde man unhöflich und herablassend behandelt. Aber es war ja nur eine kurze Erledigung, dann würde ich mein Visum für Ungarn in der Hand halten. Im Geiste ging ich die vor mir liegenden Abläufe noch einmal durch: Heute Abend meine Kraxe[1] packen und am nächsten Morgen von Dresden aus in den Zug nach Prag steigen, wo ich mich mit Katja treffen würde. Ein paar Tage wollten wir in Prag verbringen, dann nach Budapest weiterreisen. Dort würden wir schauen, wohin es uns triebe. Wir wollten nach Ungarn, denn das war eines der wenigen Reiseländer, in die DDR-Bürger reisen durften[2]. Ich fand es ganz schön nett von meiner Cousine, dass sie mit mir in ein so „gewöhnliches“ Land reisen wollte. Denn Katja wohnte in Düsseldorf in Westdeutschland. Ihre Welt war unendlich viel größer als meine und Grenzen  gab es für sie höchstens durch finanzielle Limits und persönlichen Mut.

Ich holte einmal tief Luft, und betrat etwas beklommen das zentral in der Geiststraße gelegene Amt. Das richtige Büro fand ich schnell. Dann passierte das Unfassbare: Es lag kein Visum für mich bereit!

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